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Jochen    
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Gemeinde plant mit € 2.9 Mio zur Stützung des Thermariums

Veröffentlicht am 05.07.2020

€ 2.9 Mio plant die Gemeinde zur Stützung des Betriebs im Thermarium für 2020. Bei einer Finanzierungslücke des Haushalts von ca 10 Mio EUR ein stattlicher Betrag. Um so verwunderlicher, dass es kaum Informationen dazu gibt und auch keine Fraktion dies ausführlicher in einer Haushaltsrede thematisiert. 

Fakten und Sitzungsverlauf 

Das Thermarium war ein Viertel Jahr lang komplett geschlossen. Umsätze, die für einen halbwegs rentablen Betrieb des Bades dringend benötigt werden, sind komplett ausgeblieben. Und auch mit der Öffnung zum 01.07. wird zu erwarten sein, dass die Bedingungen keinen wirtschaftlich erfolgreichen Betrieb zu lassen. Zur Sicherung der Liquidität sieht die Gemeinde nun eine Kapitalerhöhung in Höhe von € 2.9 Mio vor. 
Zu der Sachlage gab es keinerlei öffentliche Sitzungsunterlage, noch fand der Sachverhalt in der Tagesordnung Erwähnung. 
Beschlossen wurde der Finanzrahmen ohne größere inhaltliche Würdigung. Lediglich eine kurze Erwähnung auf Seite 3 des Mitteilungsblattes gab es vorab vom Bürgermeister dazu. Die Höhe der Maßnahme wurde von Herrn Huge auch nur aufgrund meiner Nachfrage im Rahmen der Bürgerfragestunde mitgeteilt. 
Herr Haßfeld (FW) stellt in seiner Haushaltsrede fest, das Thermarium sei im Kern grundsolide und nur Corona-bedingt sei eine Unterstützung notwendig. Herr Steltz von der CDU sah da schon mehr Fragezeichen und wollte ohne tragfähigen Zukunftsplan („Plan B“) nicht für den Haushalt stimmen.

Hintergründe

Das Thermarium hat auch vor Corona in den Jahren 2015 bis 2018 durchgängig Verluste gemacht. Stellt man die Gewinne der Jahre 2010 bis 2014 dagegen, bleibt unterm Strich gerade mal ne schwarze Null. Zwar sei das Geschäftsjahr 2019 laut Herrn BM Huge wieder besser verlaufen, doch Zahlen wurden dazu bisher nicht präsentiert. Keine Überraschung also, dass hier eine finanzielle Unterstützung notwendig ist.
Für die positive Entwicklung in 2019 dürfte gesorgt haben, dass die Zinsen für die Kredite durch die Anteilseigner von erstaunlich hohen 6% auf zunächst 4% und zuletzt auf 2% über Euribor** reduziert wurden. Die Umsätze der letzten Jahre waren recht stabil. Die Umsatzsteigerungen lagen in den letzten 10 Jahren bei durchschnittlich ca. 1,4% pro Jahr – was so ungefähr der Inflationsrate entsprechen dürfte. *

Meinung 

Das Thema nur kurzfristig als Liquiditätssicherung zu betreiben, ist zu kurz gesprungen. Begreifen wir die Situation als Chance, das Thermarium im Kontext der (Neu-) Ausrichtung als Gesundheitsgemeinde gut aufzustellen!

Das Thermarium ist sicher ein wichtiger Teil des Markenkerns als Gesundheits- und Bädergemeinde. Daher ist es natürlich wichtig und richtig, dass sich die Gemeinde darum kümmert und hilft, speziell die Auswirkungen der Corona-Krise zu überbrücken. 

Eines ist aus meiner Sicht aber alarmierend:

Es findet keine öffentliche Debatte bei einer Investition in Höhe von ca. € 3 Mio statt!

Wenn die Gemeinde eine Investition in Höhe von € 2.9 Mio tätigt, ist es für mich selbstverständlich, dass Zahlen und Fakten offengelegt werden. Im Zweifel streiten wir lebhaft über 4- oder 5-stellige Beträge. Millionenbeträge gehen aber nahezu unter der Hand durch. Hier erwarte ich deutlich mehr Transparenz. Sollte die Gemeinde nun eine Erhöhung der Anteile anstreben, muss damit auch eine inhaltliche Debatte verknüpft werden. 

  • Wohin wollen wir das Gesamtprojekt Gesundheitsgemeinde entwickeln?
  • Welchen Beitrag leistet das Thermarium dazu? 
  • Wie stellen wir sicher, dass dies mittelfristig finanziell tragfähig bleibt?

Dazu gibt es aktuell weder eine Diskussion noch Antworten.

Ich wünsche mir 3 Punkte:

  1. Erstellung einer Gesamtvision und Strategie „Gesundheitsgemeinde Bad Schönborn 2030“
  2. In einer ersten Diskussionsphase müssen auch radikale Denkansätze zugelassen werden, statt sich durch Muster aus den 70ern begrenzen zu lassen
  3. Eine klare Definition muss folgen, welchen konkreten Baustein das Thermarium hier einnehmen soll

Finanzielle Einordnung

Wenn wir jetzt mit einer Kapitalerhöhung in dieser Höhe für Liquidität sorgen, kann der Betrieb auf jeden Fall über Monate gesichert werden. Aber um es kurz auf den Punkt zu bringen:  Im Worst Case sind die € 2.9 Mio EUR nach einem Jahr schlicht weg –  „verpufft“. 
Es scheint  in Wahrheit keine wirkliche Investition zu sein. Dann würden wir nämlich auch einen dauerhaften Gegenwert schaffen. Im Worst Case werden die Mittel einfach zur Deckung der laufenden Betriebsausgaben benötigt. Dann wären die Millionen im nächsten Jahr schlicht weg und die Sachlage kein bisschen besser. Vielleicht ist das eine Fehleinschätzung. Es gibt aber bisher schlicht keine offizielle Einlassung dazu. Das z.B. müsste mal erläutert und kommentiert werden.

Die Gemeinde selbst sowie die weiteren Anteilseigner haben in den letzten Jahren trotz wirtschaftlich durchwachsenem Ergebnis von der vergleichsweisen lukrativen Verzinsung von 6% bzw. 4% profitiert. Eine Verzinsung von der jeder Sparer derzeit nur träumen kann. Gleichzeitig drückt dies direkt auf das Unternehmensergebnis. Ob dieses Konstrukt mittelfristig substantiell tragfähig ist, das muss m.E. geprüft werden. Natürlich ist man als Gemeinde auf dem Papier mit 51% der Haupteigner. 2018 lag die Eigenkapitalquote aber gerade mal noch bei 2,4 %. Die beiden Zahlen müssen m.E. immer im Zusammenhang gesehen werden. *

Ich hoffe, die Geschäftsleitung des Thermariums hat da einen guten Plan in der Hinterhand. Herr Steltz (CDU) hat dem Haushalt nicht zugestimmt, weil ein solcher Plan für das Thermarium offensichtlich noch nicht wirklich präsentiert wurde. 

Uli Haßfeld war einer der wenigen Gemeinderäte, die im Rahmen der Haushaltsreden überhaupt Stellung zum Thermarium und der geplanten Kapitalerhöhung bezogen hat. Seiner Einschätzung, der Betrieb sei grundsolide und völlig unverschuldet nur durch die Corona-Krise in Not geraten, mag ich erst folgen, wenn hier etwas mehr Erläuterungen zum Zahlenwerk gegeben werden. Die bisher bekannten Zahlen werfen zumindest ein paar Fragen auf, die für den Moment unbeantwortet bleiben. Gut wäre zum Beispiel eine bessere Transparenz über die jeweiligen Sparten des Thermariums:
Welchen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg haben Wellness, Fitness und welchen das eigentliche Solebad?

Es stimmt mich nachdenklich, wenn über die Zukunft eines wichtigen Symbols für Bad Schönborn nur in nichtöffentlichen Sitzungen beraten wird.

Herr Huge, liebe Gemeinderäte:
Wagen sie mehr Transparenz! Entwickeln sie mehr Vision!

 

* Alle Zahlen beziehen sich auf die veröffentlichten Geschäftsberichte 2010-2018
** nach übereinstimmenden Angaben von Anteilseignern und Verwaltungsmitarbeitern

Quellen: 
Sitzungsunterlage 21.01.2020

https://session.bad-schoenborn.de/bi/vo0050.asp?__kvonr=3073

https://www.northdata.de/Thermarium+GmbH+%26+Co.+KG,+Bad+Schönborn/Amtsgericht+Mannheim+HRA+231040

https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/_Grafik/_Statisch/VPI_Deutschland_Jahr.html
https://www.bad-schoenborn.de/de/Buerger/Rathaus/Gemeinderat/Ratsinformationssystem

https://www.northdata.de

 

 

Update 12.07.2020:
Es wurde im Artikel ergänzt, dass die aktuell gültige Verzinsung bei "Euribor + 2%" liegt.
Außerdem wurden die Quellenangaben konkretisiert, um eine bessere Nachvollziehbarkeit der Datenpunkte zu ermöglichen.

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